
Katamaran – Segeln mit der Spi (Spinnaker)
13.01.2025
Immer wieder werden wir gefragt, welche Segel wir auf unserem Katamaran Joline haben. Insbesondere das Thema Vorwindsegeln ist ein Thema, welches viele Crews meiden. Wir haben unsere Erfahrungen aus über 10.000 Nm und einer Atlantiküberquerung hier zusammengetragen und möchten Mut machen, sich damit auseinanderzusetzen.
Bilddokumentation – Spinnakersegeln auf einem Katamaran
Wir haben uns als Vorwindsegel auf Joline für einen asymmetrischen Spinnacker mit Bergeschlauch entschieden. Zu dem Zeitpunkt hatten wir neben der Genua und dem Großsegel auch einen Genaker auf einem Furler, die wir gerne und viel gesegelt haben. Für die Atlantiküberquerung und die Strecken danach wollte ich aber auch ein „echtes“ Vorwindsegel dabei haben.
Entscheidungsprozess
Nach längerer Recherche im Netz, zahlreichen Gesprächen mit Seglern und Fachberatung auf der Boot in Düsseldorf hatten wir folgendes auf unserer Short List:
- „High Tech“ Segel mit Flügel wie der Parasailer oder das Levante
- Diverse symmetrische oder asymmetrische Spinnacker
- Genaker mit Furler (bereits vorhanden)
- Die klassische Passatbesegelung mit 2 Vorsegeln
Passatbesegelung mit doppeltem Vorsegel
Unsere Rollanlage hat 2 Nuten und wir hatten sogar eine alte und eine neue Genua, so dass wir theoretisch die klassische Passatbesegelung mit 2 Vorsegeln fahren könnten. Diese Lösung sehe ich als valides Backup.
Genaker auf Furler
Der Genaker auf Furler war vorhanden, ist also auch ein Backup. Der unschlagbare Vorteil dieses Segels ist es, dass er auch mit kleiner Crew – single handed oder zu zweit – einfach und ohne viel Erfahrung zu fahren ist. Zudem kann er schnell und einfach gesetzt und geborgen werden und gut gesichert kann er auch mal angeschlagen bleiben.
Vorwindsegel mit Flügel – Levante, Parasailer und Co.
Natürlich haben wir mit einem der hochmodernen Segel mit Flügel geliebäugelt. Die Eigenschaften der Segel sind bestechend. Stabiles Segel durch den Flügel, mehr Ruhe im Boot, große Abdeckung von Vorwind bis Halbwind.
Aber die Segel haben zumindest aus unserer Sicht auch Nachteile. Da ist zuerst einmal der Preis. So viel Hightech und die aufwändigen Flügel wollen bezahlt werden. Zudem scheint eine Reparatur der filigranen Segel nahezu unmöglich oder ist zumindest unwirtschaftlich. Nach unserer Atlantiküberquerung im Rahmen der ARC, haben wir etliches an Bruch gesehen. Zu den häufigsten Schäden zählten, nach unserer Beobachtung, Spibäume und Vorwindsegel aller Art; eben auch solche mit Flügel.
Der klassische Spi scheint auch schneller zu sein. Auch größere Boote unter Vorwindsegel mit Flügel konnten in der Regel bei gleichen Bedingungen nicht mithalten.
Segeln mit Spi auf dem Katamaran
Die erste Frage, die ich von meinen Mitseglern gestellt bekomme, wenn es um Spi Segeln auf unserem Kat geht, ist die nach den Spi Bäumen. Wir haben keine Spi Bäume und das ist auch gut so! Ob Genua, Genaker oder Spi, die Bootsbreite von 7,5 m ersetzt den Spibaum in allen Lebenslagen. Aber wir haben einen Bugspriet und das ist ebenfalls gut so.
Unser Segel hat drei Seiten, die mit „Tack” steht für Hals, „Clew” für Schothorn und „Head” für den Kopf des Segels gekennzeichnet sind.
Je nach Windwinkel schlagen wir den Tack (Vorliek) entweder mittig (also am Bugspriet) oder auf der Luv Kufe an. Mit zwei Leinen am Tack kann man den Winkel durch holen und fieren beliebig verändern. Die Clew, also quasi das Achterliek wird auf der Lee Seite nach hinten geführt. Alle Leinen müssen über Winschen gefahren werden, weil der Spi auch bei wenig Wind enorme Kräfte entfaltet.
Nachdem Tack und Clew angeschlagen sind, kann der Spi mit Bergeschlauch gehisst werden. Sind alle Leinen klar und die Losen herausgenommen, kann das Segel durch Hochziehen des Bergeschlauches gesetzt werden. Dazu darauf achten, dass die Enden des Spi und die Schoten frei sind. Sobald der Wind ins Segel fasst, bläht sich dieses und die schnelle Fahrt beginnt.
Das Setzen des Segels sollte bei > 120 Grad Windwinkel erfolgen. Sobald das Segel steht, kann ggf. der Kurs korrigiert und die Schoten justiert werden.
Windwinkel und Windgeschwindigkeiten
Wir fahren unseren Spi mit einem Windwinkel zwischen 90 und 180 Grad, im letzten Fall frei fliegend auf beiden Kufen angeschlagen. Ab 8 Knoten wahren Wind setzen wir den Spi, bei 18 Knoten scheinbarem Wind kommt er weg. Wir sind ihn auch schon 22kn scheinbar gefahren, dass fühlt sich dann aber an wie der Ritt auf der Rasierklinge mit Bootsgeschwindigkeit > 12 Knoten.
Achtung: Bitte die maximale Windgeschwindigkeit entsprechend der verwendeten Spi, den Möglichkeiten des Bootes und den eigenen Fähigkeiten anpassen. Weniger ist mehr und um so ein Segel bei viel Wind sicher zu bergen sollte man wissen was man macht.
Mit oder ohne Großsegel?
Das ist eine Frage der Philosophie. Oft wird geschrieben, dass man ein großes Vorwindsegel auf einem Katamaran nicht ohne Groß fahren sollte – der Kat hat ja kein Backstag. Wir fahren den Spinnaker bei wenig Wind ohne Groß und sogar Schmetterling mit der Genua. Bei viel Wind setzen wir das Groß; hierbei ist es auf unserem Boot so, dass der Spi am besten steht, wenn wir nur Reff 2 (maximal Reff 1) fahren. Bei vollem roß wird das Segel zu stark abgedeckt. All dies ist aber im wesentlichem vom Windwinkel und davon abhängig wie die Spi angeschlagen ist. Ein Patentrezept gibt es nicht.
Bergen des Spinnaker auf dem Katamaran
Das Bergen der Spi ist mit Hilfe des Bergeschlauchs schnell und einfach. Wenn die Hole Leine klar ist, wird die Clew Schot solange gefiert, bis das Segel beginnt einzufallen. Dann zügig den Schlauch herunter gezogen und gesichert. Das ist alles. Man sollte den Spi dann auch zügig abschlagen und sicher verstauen. Wir fahren unseren in der Regel in einem Race Bag, der an auf dem Vorschiff gesichert ist.
Tücken und No Go’s beim Segeln mit dem Spinnaker
- Spischoten und Spi immer so sichern, dass sie nicht ins Wasser gelangen. Ein Vorwindsegel im Wasser oder sogar unter dem Boot kann keiner gebrauchen. Spinnaker Fall zu!
- Spifall nicht zu lose fahren, Schoten nicht zu dicht nehmen.
- Sollte der Wind zu stark werden um den Spi sicher zu bergen, den Kurs so ändern, dass der Spi im Windschatten des Großsegels ist.
- Ist kein Groß gesetzt kann man auch die Genua ziehen und dann den Spi im Schatten der Genua bergen. War bei uns noch nicht notwendig, weil das Segel beim fieren der Schot sofort einfällt.
- Ist das Groß gesetzt und der Druck geht aus dem Spi (Segel fällt ein) kann es aufgrund der Verwirbelung durch das Groß passieren, dass sich die Spi um das Vorstarg, in unserem Fall die Genua, wickelt. Das ist besonders bei viel, bzw. böigem Wind möglich und sehr unschön.
Übung macht den Meister
Die pure Größe des Spinnakers flößt vielen Respekt ein. Ist das Segel gesetzt weicht das dem erhabenen Gefühl, dass diese Segel ausstrahlen. Sofern man keine Erfahrung im Spinnakersegeln hat, sollte man es möglichst mit einem erfahrenen Segler ausprobierten. Mit drei Personen und guten Bedingungen sollte es kein Problem sein.
Mit ausreichend Erfahrung kann man den Spinnaker auch allein setzen, fahren und bergen. Nur Mut!







Zum Abschluss noch eine Echtzeitdemonstration – Setzen und Bergen eines 146 qm Spinnakers während der Fahrt (ruhige See) in Echtzeit.

