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Energieversorgung Blauwasseryacht – Autark nur mit Sonnenenergie?

Energieversorgung Blauwasseryacht auf Langfahrt – Theorie und Praxis

Einige Vorüberlegungen – wie viel Strom ist genug?

Auf Langfahrt möchte man unabhängig vom Land und allen Zwängen sein. Ein gutes Energiemanagement steht da an mit an erster Stelle. Der Bedarf an Energie ist dabei genau so individuell, wie die Boote und ihre Eigner. Letztlich kann man nicht auf jedem Boot alles realisieren.

Wir haben auf unserem Weg Crews getroffen, die mit 2 KWh/Tag auskommen, andere benötigen mehr als 10 KWh/Tag. Das entspricht rund 730 bis 3600 KWh/Jahr. Laut Statistik beträgt der Stromverbrauch in Deutschland für einen 2 Personenhaushalt zwischen 2000 und 3500 KWh/Jahr. Der Strombedarf auf See weicht also gar nicht so sehr von dem an Land ab. Eigentlich verwundert das nicht, will man doch in den seltensten Fällen auf den gewohnten Komfort verzichten.

Anforderungen – Wofür wird Strom benötigt?

Die Anforderungen an die Stromversorgung steigen bei modernen Langfahrern. Kaum jemand ist noch bereit auf die Annehmlichkeiten des Lebens an Land zu verzichten. Anbei eine Liste mit heute üblichen Verbrauchern, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat.

  • Zunächst einmal benötigt das Schiff einen gewissen Grundbedarf für Licht, AIS, Wasserpumpen, Radio, Handy und Computer laden, etc. Dies ist sicherlich der kleinste Posten in der Energiebilanz.
  • Sobald in Bewegung kommen Navigationssysteme wie Kartenplotter, Wind, Tiefenmesser, Autopilot, Funkgerät und nicht selten Radar hinzu. Diese Systeme können die Energiebilanz ganz schön belasten – dazu später mehr.
  • Kommen wir zu den Grundbedürfnissen der Crew: Kühl- und Gefrierschränke sind der mindeste Standard, gefolgt vom Wassermacher, auf den man schlecht verzichten kann für ein Leben abseits der Marinas.
  • Weiter geht es dann mit den „nice to have“ Verbrauchern. Diese Liste kann beliebig fortgesetzt werden. Meist finden sich Wasserkocher, Induktionsplatte zum Kochen, Mixer, Fön, Rasierer und sonstige Kleingeräte. Auch keine Seltenheit sind elektrische Backöfen, Brotbackautomaten, Eismaschinen und Waschmaschinen sowie Geschirrspüler.
  • Purer Luxus in punkto Strom sind Klimaanlage und elektrischer Wasserheizer für Dusch- und Spülwasser.

Wie produziert man den Strom am Besten?

Vorweg gesagt: Wir produzieren den gesamten genutzten Strom auf Joline mit Solarzellen, dazu haben wir insgesamt knapp über 2KWp installiert. Wie es dazu kam und ob das reicht lest ihr gleich.

Solarzelle aus dem Baumarkt

Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten Strom auf einer Segelyacht zu produzieren

  • Solarzellen

    Diese sind inzwischen überall zu günstigen Preisen und mit guter Leistung zu bekommen. Aus meiner Sicht sind feste Module wegen Kosten, Leistung und Lebensdauer den flexiblen gegenüber vorzuziehen. Es gibt spezielle Hersteller im Yachtbereich, ich habe jedoch mit normalen Modulen, wie sie für Haus und Industrielle Anwendungen eingesetzt werden, gute Erfahrungen gemacht. Einmal installiert liefern Solarzellen zuverlässig Strom. Solarzellen mögen Sonne, produzieren aber auch bei bedecktem Himmel immerhin noch rund 50% an Strom und mögen in der Regel keine Teilabschattung.
  • Windgeneratoren

    Früher die Geheimwaffe auf jeder Langfahrtjacht, sieht man Windgeneratoren in den Marinas und auf den Ankerfeldern immer seltener. Bei Wind mag die Stromproduktion ganz ok sein, allerdings weht der nicht immer in ausreichender Stärke um im nennenswerten Umfang Strom zu produzieren.
    Die modernen Windgeneratoren machen keinen / kaum Lärm. Eine Nacht neben einer Yacht mit einem alten Windgenerator kann dagegen wirklich nervig sein.
  • Hydrogeneratoren

    Diese stellen eine saubere und clevere Art der Stromproduktion während längerer Passagen dar. Ist man 7/24 unterwegs kann der Hydrogenerator seine Vorteile ausspielen und die Yacht auch während der Nacht zuverlässig mit Strom versorgen. Neue Propellerkombinationen machen es möglich, auch mit geringeren Reisegeschwindigkeiten von 5 kn ab 100 W Strom zu produzieren. Damit sind sie auch für kleinere und langsamere Boote eine Alternative. Nachteil: Nur auf Passage sinnvoll einsetzbar und relativ teuer.
  • Dieselgeneratoren

    Hier müssen wir zwischen den fest verbauten Dieselgeneratoren mit Leistungen um die 7 bis 15 KW und Wasserkühlung und den klassischen tragbaren Benzingeneratoren mit einer Leistung von 1 bis 2 KW unterscheiden. Erstere liefern zuverlässig große Mengen Strom über längere Zeit, zweitere sind eine Notlösung um im Zweifel nicht ohne Energie dar zu stehen. Nachteil: Ohne Anschaffungs-, Wartungs- und Betriebskosten bei den fest verbauten Modellen. Schwache Leistung, Lautstärke und Benzin zum Betrieb erforderlich, bei den mobilen Geräten.
  • Schiffsmotor & Lichtmaschine

    Unsere Schiffe verfügen bereits über einen Dieselmotor, der auch zur Stromerzeugung genutzt werden kann. Wem die Standard-Lichtmaschine mit rund 60 A Leistung nicht ausreicht, der kann auf eine Hochleistungslichtmaschine aufrüsten. Auf diese Weise macht man immer Strom, wenn die Maschine ohnehin läuft und kann für den Notfall Strom erzeugen um die Batterien zu laden.

Strom speichern – wie und wieviel?

Fahrtenyachten haben zu diesem Zweck Verbraucherbatterien. Meist ist die Standardkonfiguration 12 V mit einer Kapazität zwischen 400 und 1000 AH. Stand der Technik geht dabei immer mehr weg von Standardbatterien (AMG, Blei) hin zu Lithium (LiFePo) Batterien. Letztere sind leichter, haben eine höhere Energiedichte, können die Energie schneller aufnehmen und abgeben und haben weniger Ladungsverluste. Außerdem ist die Haltbarkeit (Zyklenzahl) um ein vielfaches höher.

Wieviel soll es denn sein: 12 – 24 – 48 – 230 V?

Die meisten unserer Fahrtenyachten werden werftseitig mit einem 12 V System ausgestattet sein. Über 12 V laufen auch Kühlschrank und andere typische Yacht Verbraucher. Der Vorteil von Systemen mit 24 bzw. 48V ist es, dass geringere Ströme fließen und damit die Kabel kleinere Querschnitte benötigen. Der Umstieg von einem 12 V System auf 24 oder gar 48 V ist kostenaufwändig und daher vorher genau zu prüfen. Auch wird es in der Regel nicht möglich sein ganz auf 12 V zu verzichten.

Die für uns an Land üblichen 230V werden von einem Inverter erzeugt. Diese Geräte sind mittlerweile so leistungsfähig, dass ohne Probleme auch starke Verbraucher wie Backofen oder Waschmaschine problemlos, wenn auch in der Regel nicht gleichzeitig, betrieben werden können.

Energie ohne Ende oder doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

Wir haben auf Joline 2KWp installierte Solarleistung, damit liegen wir im Moment sicher am oberen Ende der üblicher Weise installierten Leistung.

Im Mittelmehr sind wir mit 1,2 KWp hervorragend ausgekommen. Auf den Kanaren haben wir auf 2KWp aufgerüstet. Warum?

Als wir in der Türkei gestartet sind, hatten wir 3 Kühlschränke, Wasserkocher, Kaffeevollautomat und stundenweise die Klimaanlage laufen und hatten oft genug Strom um unser Duschwasser elektrisch zu heizen.

Unser Strombedarf lag bei durchschnittlich 5 KWh/Tag, die Solarzellen lieferten locker 7 bis 8 kWh/Tag – ein entspanntes und sorgenfreies Leben. In 5 Monaten bekamen wir keine Wolken zu Gesicht und die Sonne schien vom frühen Morgen bis zum späten Abend.

Auf den Kanaren haben wir dann die endgültige Ausrüstung für die Atlantiküberquerung angeschafft. Zu dem bestehenden Equipment gesellte sich ein Induktionskochfeld, ein elektrischer Backofen, ein Wassermacher und am Ende noch Starlink. Der Strombedarf stieg, während der Ertrag auch mit den zusätzlichen 800 WP ehr gleich blieb. Grund: Das Wetter war oft bedeckt und die Sonnenscheindauer deutlich kürzer als im Mittelmeer.

Jetzt in der Karibik haben wir wieder genug Strom und können alle elektrischen Verbraucher betreiben. Bei ganz heißem Wetter sind auch ein paar Stunden Klimaanlage drin. Den dritten Kühlschrank haben wir nach der Überfahrt nicht wieder eingeschaltet – wir kommen aber mit zwei Kühlschränken mit Gefrierfach gut durch. Dafür machen wir regelmäßig Trinkwasser, Backen alle 2 Tage ein Brot und kochen elektrisch.

Wo liegen die Tücken?

Zunächst einmal bleibt festzustellen, dass wir mit 2 KWp Solar als einzige Energiequelle in der Regel mehr als genug Strom haben um komfortabel alle Verbraucher zu betreiben. Bei einigermaßen gutem Wetter können wir mit einem Stromertrag von 8 bis 10 Kwh/Tag rechnen. Ausnahmen sind mehrere Tage mit schlechtem Wetter. Dann reicht es noch für den Grundbedarf, allerdings müssen wir dann schon überlegen welche Großverbraucher wir betreiben. Brotbacken, Wasser machen und Waschmaschine ist dann nicht drin, sondern wird auf mehrere Tage aufgeteilt. Planung ist das halbe Leben und einige 100 Liter Trinkwasser sind eben auch eine Art von Energiespeicher…

Nächstes Thema sind die Überfahrten. Hier kommen direkt zwei Aspekte zum tragen. Auf der einen Seite ist die Stromausbeute meist nicht so hoch wie vor Anker, da die Segel die Solarzellen ganz oder teilweise beschatten, auf der anderen Seite ist der Strombedarf in der Nacht – anders als vor Anker – hoch da Navigation, Autopilot und Radar laufen.

Dieser Umstand hat uns bei der Atlantiküberquerung zu Schaffen gemacht, da nach einigen Tagen die Batterien leer waren und wir nicht genug Strom geerntet haben um sie nur mit Solar wieder zu füllen. Leider war der Himmel oft sehr bedeckt, dementsprechend lag der Ertrag oft nur bei 4 bis 5 KWh. Einzelne sonnige Tage konnten das Problem nicht lösen, da die Produktion nicht reichte um die leeren Batterien wieder voll zu laden. Gelöst haben wir das Problem, in dem wir nach und nach den Stromverbrauch verringert und den Motor bei Bedarf einige Stunden zur Stromerzeugung zugeschaltet haben. Hilfreich wäre gewesen von Anfang an besser mit dem Strom zu haushalten, das Problem war aber neu für uns und so haben wir es zu spät erkannt.

Fazit und Ausblick

Energiebedarf

Zunächst einmal sollte man sich Gedanken machen, wie man insgesamt zum Thema Energiemanagement auf der eigenen Yacht steht. Geht es darum die absoluten Grundbedürfnisse zu decken oder möchte man ehr auf der komfortablen Seite unterwegs sein. Sicher ist es sinnvoll den eigenen Strombedarf zu ermitteln, aber Achtung: Der Geschmack kommt beim Essen. Wir haben durch Starlink einen zusätzlichen Verbrauch von rund 1,5 KWh pro Tag. Natürlich könnte man diesen senken, aber wollen wir das…

Schlechte Zeiten

Wie oben beschrieben gibt es Zeiten, wo es eine negative Strombilanz gibt. Zu deren Überbrückung ist die Batterie da. Viele Eigner wünschen sich mit der Hausbank den Strombedarf mehrerer Tage decken zu können. Diese ist gut und richtig. Genau so wichtig ist es aber mit der Ressourcen zu haushalten und rechtzeitig den Verbrauch zu reduzieren. Letztlich bringt die größte Batteriebank nichts, wenn man sie nicht wieder aufgeladen bekommt. Die Energiebilanz sollte also positiv sein. Gut beraten ist man, wenn zur Mittagszeit an normalen Tagen die Batterie voll ist. Dann hat man genug Reserven um auch regnerische Tage gut überstehen zu können.

Alternative Energieerzeugung

Wer sich nicht allein auf die Sonne verlassen möchte, kann mit den oben genannten Verfahren zusätzlich Strom erzeugen. Mit erscheint ein Hydrogenerator eine gute Investition für lange Passagen zu sein. Auf Joline setzten wir jedoch derzeit auf Sonne und die Hauptmaschine als Backup. Bisher war diese Kombination immer ausreichend und unter dem Strich auch am kostengünstigsten, da wir die Maschine so gut wie nie zur Stromerzeugung benötigen. Leider sehen wir bei den Charteryachten immer noch das die Generatoren jeden Tag stundenlang laufen, diesem Umstand will sicherlich kein Bauwassersegler.

Redundanz

Leider versagen Systeme, ob neu oder alt, gerne vor allem dann, wenn man auf sie angewiesen ist und man keinen oder nur schlecht Ersatz oder Hilfe bekommt. Man ist also gut beraten, wenn man sich um Redundanz Gedanken macht. Dies fängt bei der Ladung der Batterien an. Man sollte sich also nicht auf einen MPPT-Kontroller verlassen, sondern lieber zwei oder mehr an mehreren Solarsträngen betreiben.

Auch die Inverter können ausfallen. Wir hatten das Problem mit einem neuen Inverter, der nach 6 Wochen Betrieb plötzlich und unerwartet den Betrieb eingestellt hat. Leider mussten wir 4 Wochen warten, bis wir einen Vertragshändler erreicht haben, der uns helfen konnte. Das Problem war…. ein Softwareupdate!

Wir haben Kochen und Backen auf Strom umgestellt, allerdings haben wir das Gaskochfeld und einen Gasgrill erhalten. Dies halten wir für eine gute Strategie da wir auch bei wenig Stromernte oder bei Ausfall des Inverters noch warme Mahlzeiten zubereiten zu können. Unser Gasverbrauch ist jedoch auf ein Minimum geschrumpft. Füllen von Gasflaschen macht uns damit kein Kopfzerbrechen mehr und die Kosten für Gas fallen auch nicht mehr ins Gewicht.

230 V vs. 12 V

Sofern wir die Verbraucher mit 12V betreiben können, ist das eine gute Sache. Unser Wassermacher läuft auf 12V. Hier war ich zunächst skeptisch ob die neuen System halten was sie versprechen. Wir sind mit unserem Schenker Zen 50 Wassermacher, der auf 12V läuft sehr zufrieden. Auch das die Kühlschränke auf 12 V laufen wissen wir sehr zu schätzen.

Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass wir in Punkto Inverter auch auf Redundanz setzen sollten. So haben wir aktuelle einen großen Inverter, der alle Verbraucher bedient. Diesen können wir aber bei Bedarf ausschalten um Strom zu sparen. Ein kleiner Inverter von 300W liefert darüber hinaus Strom für Starlink und er bedient einige Steckdosen, so dass wir Computer laden oder auch Kleinverbraucher betreiben können.

Ausblick

Wir sind mir unserem aktuellen Setup zufrieden. Dabei ist klar, dass mit heutiger Solartechnik nicht auf allen Yachten eine installierte Leistung von 2KWp zu erzielen ist, weil es einfach der Platz nicht hergibt.

Aktuell besteht unsere Hausbank aus 7 Stück 140 Ah AMG Batterien. Wie es dazu kam und welche Entwicklung unsere Installation genommen hat, könnt ihr hier nachlesen: Energieversorgung von Joline. Einerseits machen die AMG Batterien ihren Job und stellen uns jeden Tag bzw. jede Nacht Strom zur Verfügung, andererseits werden die Batterien nicht besser und höhe Ströme, wie sie für die Waschmaschine, Wassermacher oder Backofen benötigt werden, geben sie ab einem Ladezustand von unter 75% nicht mehr gerne her. Wir werden sie also früher oder später gegen eine LiFePo4 Bank ersetzen.

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