Gedanken und Motivation

Wir Kriegsenkel

Uns Kindern der 60er Jahre wurde früh gesagt, wie viel Glück wir durch den Zeitpunkt unserer Geburt hätten – nach Kriegsjahren, Hungerjahren und Wirtschaftswunder jetzt in eine Insel der Glückseligkeit hineingeboren.

Tatsächlich kannten wir keinen Hunger, keine Bedrohung durch Soldaten oder Bomben – sicher es gab die Kubakrise und den Vietnamkrieg – aber das war weit weg und wir waren auch noch zu klein um dadurch eine Bedrohung zu empfinden.

Wir lebten in der Regel in stabilen Familienverhältnissen – Scheidungen – damals war es noch gesellschaftlich sehr geächtet und es galt das Schuldprinzip (ein Ehepartner musste eine schwere Schuld auf sich geladen haben und wurde dann schuldhaft geschieden – musste also die Kosten tragen – Ehebruch war so eine Schuld…) – waren sehr selten. Die Wohnverhältnisse waren oft eng – Familienwohnungen um 70 qm waren nicht unüblich – manche lebten aber auch schon in kleinen Häuschen. Schulbildung wurde groß geschrieben, der Besuch von Gymnasien und weiterführenden Schulen wurde gefördert.

Die Erwartungshaltung durch die Eltern, die meist nur begrenzten Schulbesuch hatten – Volksschule 8. Klasse war weit verbreitet – waren gering. Noten im 3er Bereich waren voll in Ordnung.

Ich habe meine Schulzeit als sehr entspannend erlebt, die Samstagsschule wurde nach und nach abgeschafft und es wurde viel Wert auf selbständiges und kritisches Reflektieren und Lernen gelegt.

Auf den ersten Blick klingt es wirklich wie eine Insel der Glückseligkeit – die Schattenseiten traten erst viel später zu Tage.

Wir waren auch die Kinder einer traumatisierten Generation. Krieg, Gewalt, Bombennächte, Hunger hatte eine Generation von Sprachlosigkeit und Gefühlsdistanz geprägt.

Wir waren die Generation „satt und sauber“, Pflichterfüllung wurde groß geschrieben – es wurde nicht gejammert. Befindlichkeiten wurden nicht hinterfragt – viele Eltern waren nicht gut darin Liebe zu zeigen oder gar zu empfinden und Empathie war für viele ein Fremdwort. Von ihrer eigenen Gefühlswelt abgekoppelt, war Funktionieren oberstes Gebot.

Kein Wunder also, dass wir klaglos Überstunden, Konkurrenz mit dem Computer, schlechter werdende Arbeitsbedingungen und Bezahlungen hingenommen haben.

Work-Life-Balance, auf diese Idee hat uns erst die Junge Generation gebracht.

Danke dafür.

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